Theaterfestival Schwindelfrei - world wide me

Unter dem Motto world wide me setzt sich das Theaterfestival Schwindelfrei 2014 über geographische Grenzen hinweg und öffnet sich der Welt. Gemeinsam mit internationalen und regionalen KünstlerInnen aus der Metropolregion Rhein-Neckar lädt das Festival vom 18. bis zum 21. September ein, unsere eigenen Positionen im globalen Kontext zu reflektieren. Dass wir alle mit der Welt vernetzt sind, wird in den kleinsten Dingen deutlich. So haben wir Zugang zu Produkten aus aller Welt und erkunden wie selbstverständlich im Urlaub fremde Kulturen und Länder. Auf städtischer Ebene manifestiert sich dieser Aspekt in zahlreichen erfolgreichen Projekten der Stadt Mannheim mit unseren Partner- und Freundschaftsstädten. Wie bereichernd der interkulturelle Austausch sein kann, möchte auch Schwindelfrei in diesem Jahr zeigen. Gemeinsam mit den internationalen und regionalen Künstler/innen soll vor dem Festival in einer gemeinsamen Probenphase eine Zusammenarbeit und gegenseitige Inspiration gefördert werden, mit dem Ziel, acht einzigartige 20-minütige Performances zu erarbeiten, die alle einen Aspekt des world wide me aufgreifen.

Zusätzlich zu den Aufführungen findet ein vielfältiges Rahmenprogramm auf dem Alten Messplatz mit spannenden Aktionen rund um das Motto statt. In der Global Learning Academy können Besucher/innen in Formaten zwischen Picknick, Stadtführung, analogem Speeddating und Workshops ihr globales Ich entdecken. Konzerte, Partys, Filme und tagesaktuelle Fotos des nigerianischen Festivalfotografen zum Thema sind täglich im Festivalzentrum c/o Einraumhaus zu sehen.

Festivalleitung: Nicole Libnau
Kuratorin: Sophia Stepf
Technische Leitung: Ingo Joos
Veranstaltungstechnik: Kevin Rigby
Dramaturgische Mitarbeit: Lisa Stepf
Organisatorische Mitarbeit: Laura Braun, Kevin Rigby und Charlotte Wiesner

-> PDF Programmheft 2014
-> PDF Dokumentation 2014



Trailer Theaterfestival Schwindelfrei 2014


Produktionen 2014


Isack Peter Abeneko (Dar es Salaam) - Born Original Die Copy

In diesem Tanztheater wird er die Beziehung von zwei Menschen zu ihrer Umwelt untersuchen. Hat die Welt uns gemacht, oder machen wir die Welt? Formt die Welt uns oder formen wir sie? Wer oder was hat uns zu den Personen gemacht, die wir heute sind? Mit diesen Fragen setzten sie sich künstlerisch auseinander. Dabei erforschen sie in ihrer ersten Zusammenarbeit inwieweit Bildung, Armut und Migration ihre Identitäten konstruiert haben: Sind wir lokal, national oder international geprägt? Wer wollen wir sein und wen kopieren wir? Sind wir als Originale geboren und sterben als Kopien?

Isack Peter Abeneko ist Choreograf, Tänzer und Musiker aus Dar Es Salaam, Tansania. Er ist künstlerischer Leiter der Kompanie Lumumba. Neben zeitgenössischem Tanz, Theater, Bassgitarre  und Percussion. Er unterrichtet in New York, Spanien, den Niederlanden und Deutschland.

Choreografie: Isack Peter Abeneko
Tanz: Isack Peter Abeneko, Ayda Rahmana
Licht: Ingo Jooß


Jonas Frey / Joseph Simon (Heidelberg) - JE (UX) –TU (E)–TORIAL

In JE (UX) –TU (E)–TORIAL geht es um die Verbreitung von praktischem Wissen, Trends und kreativem Schaffen über die Videoplattform Youtube. Dabei steht insbesondere die urban-zeitgenössische Tanzkultur im Vordergrund. Durch das Internet verbreitet sich diese durch Tutorials, also Lehrvideos, bis in die entlegensten Orte der Welt. Menschen aus allen Teilen der Welt werden zu Lehrern und Inspirationsquellen und tragen zu der Entwicklung einer Community bei. Kann man sich durch das Tutorial alles selbst beibringen? Braucht man andere noch und wie lernt man miteinander? Welche Probleme hat man beim Lernen? Das Stück demonstriert die zunehmende Möglichkeit zur Bildung durch das Internet. Die zwei jungen Choreografen und Tänzer Jonas Frey und Joseph Simon untersuchen ihre tänzerische Identität und wie diese im Verhältnis zu anderen steht. Inwieweit unterscheidet man sich von anderen oder gleicht sich durch das Internet alles an?


Jonas Frey
und Joseph Simon verbinden urbane und zeitgenössische Tanzkultur. Dieses gemeinsame Interesse entwickelten die beiden an der ArtEZ School of Dance/Arnheim, Niederlande, wo beide zeitgenössischen Tanz studierten. Außerdem verbindet die beiden ihre Leidenschaft für B-Boying.

Choreographie & Tanz: Jonas Frey & Joseph Simon
Video: Felix Felixine


Amitesh Grover (New Delhi) - Encounter

Sie selbst mit Ihrer ganz persönlichen Weltanschauung – das ist alles was Sie brauchen um Encounter 6134 zu besuchen. Sie loggen sich ein ins weltweite Netz und lesen einen Text mit einem indischen Gegenüber. In diesem internationalen drahtlosen Theaterstück verbinden Sie sich live per Audio- und Videoschaltung mit einem 6134 km entfernten Unbekannten in Delhi. Sie lesen zusammen einen szenischen Text über Themen wie Schönheit, Erinnerung, Tod, Zeit und Krise. Der Theatertext leitet Sie, er hat aber auch Leerstellen, die Sie füllen können. In dieser neuen Form des drahtlosen Theaters können Sie herausfinden, was eine spontane Live-Begegnung mit einem völlig Unbekannten für Sie bedeuten kann. In Alain Badious Worten: Die Begegnung ist ein Anfang, ein zufälliger Moment in unserer Existenz, den wir zulassen oder verweigern. Sie treffen sich nur ein einziges Mal, teilen nur hier und heute Ihre Ideen und Ihre spontanen Einfälle. Dieser Moment wird nie mehr wiederholbar sein. Niemals.

Amitesh Grover ist Medienkünstler, Theaterregisseur und Spieleentwickler und lebt in Neu Delhi. Er arbeitet interdisziplinär an den Schnittstellen zwischen digitalen Technologien, Game-Design, öffentlichen Installationen und Theater/Performance. Seine Arbeiten werden in Asien, Europa und Südamerika gezeigt.

Trailer - Encounter by Amitesh Grover


La-Trottier Dance Collective (Mannheim) - Please ask your destiny

Früher wurden Gott und das Schicksal beschworen, um uns von unserem freien Willen und dem Zufall zu entlasten. Heute sind Begriffe wie das Universum, das Gehirn oder die Evolution an die Stelle Gottes getreten. Können wir damit aber wirklich die Welt erklären oder beschreiben diese Begriffe nur neue Täuschungszusammenhänge? Was ist das Schicksal heute? Éric Trottier befragt die internationalen und regionalen Schwindelfrei KünstlerInnen nach ihren persönlichen Vorstellungen von Schicksal. Aus den unterschiedlichen Perspektiven entwickelt er Improvisationen und fühlt so einem uralten Konzept auf den Zahn. Auf der Bühne entsteht eine Versuchsanordnung, in der die TänzerInnen in ihrem Schicksal herausgefordert werden, denn die künstlerischen Bedingungen ändern sich.

Éric Trottier stammt aus Kanada und hat durch seinen Beruf als Tänzer, Choreograf und Regisseur in den unterschiedlichsten Ländern gelebt. Auch am Gründungsort seiner Company Mannheim hat er mit verschiedensten lebensweltlichen Perspektiven Berührung. Bevorzugt forscht er für seine Stücke in der frankophonen Philosophie und Psychologie.

Regie / Ausstattung / DJ: Éric Trottier
Dramaturgie: Dr. Laura Bettag
Musik: Jörg Ritzenhoff
Tanz mit & von: Michelle Cheung, Katharina Wiedenhofer und Tobias Weikamp


Inka Neubert/TiG7 (Mannheim) - Til death vs. depart

Die Performance til death vs depart setzt sich mit dem Clash der Kulturen auseinander; ausgelöst durch das Zusammentreffen gegensätzlicher Ehekonzepte in den Köpfen der Menschen. In einigen schiitischen Gruppierungen gibt es die Praxis einer „Zeitehe“, die der Mann neben der festen Ehe eingehen kann und die von wenigen Stunden bis zu 99 Jahren dauern kann. Dieses Konzept widerspricht der christlich-monogamen Ehe, in der eine Scheidung ursprünglich nicht vorgesehen war. Dazu haben Inka Neubert und Norbert Kaiser Interview-Stimmen von Mannheimer BürgerInnen eingefangen auf deren Basis die Autorin Maja Das Gupta einen Text für eine Schauspielerin verfasst hat.

Seit 1989 ist das Theaterhaus in G7 / TiG 7 Spielort für Freies Theater in Mannheim. Das TiG7 empfängt Gäste aus aller Welt und engagiert sich gleichzeitig für Theaterarbeit im Stadtteil. Das Programm bietet Schauspielprojekte, Stückentwicklungen, zeitgenössische Dramatik und Literatur ebenso wie englischsprachiges Theater und politisches Kabarett.

Regie: Inka Neubert
Video: Norbert Kaiser
Ausstattung: Lydia Rakutt
Darstellerin: Mascha Rauschenbach
Text: Maya Das Gupta

→ VIDEO: "til death vs. depart" by Norbert Kaiser

 


Boris Ben Siegel (Mannheim) - Das Leben der Anderen

Zwei Männer sitzen an einem öffentlichen Ort, zufällig nebeneinander. Sie kennen sich nicht und haben auch nicht die Absicht sich kennen zu lernen, nehmen sich gegenseitig kaum wahr. Die einzige Gemeinsamkeit, die sie haben und mit vielen anderen Menschen teilen, sind ihre beiden Smartphones identischen Aussehens. Als die beiden sich wieder auf den Weg machen, kommt es zu einer Vertauschung der Smartphones, so dass sie unfreiwillig und ungewollt vom Leben des anderen erfahren. Ein virtueller Kennenlernprozess nimmt seinen Lauf, unkontrollierbar und nicht steuerbar für alle beide. Die Informationsdichte des Smartphones bestimmt, was die Männer übereinander erfahren. Eine SMS, die auf den Abschluss illegaler Geschäfte drängt, und Fotos, die auf ein Doppelleben hinweisen, werfen Fragen auf: Soll man sich einmischen in die Angelegenheiten eines Fremden, damit man selbst einmal im Leben das Richtige tut? Was ist man bereit dafür zu opfern?

Seit 13 Jahren bringt das theater oliv unter der Leitung von Coralie Wolff und Boris Ben Siegel Stücke bekannter Dramatiker ebenso wie Stücke regionaler Autoren auf die Bühne – sowohl am eigenen Spielort als auch auf Gastspielen. Seit 2009 ist das theater oliv in einem alten Sandsteinkellergewölbe am Alten Messplatz beheimatet.

Szenische Beratung: Coralie WolffDramaturgische Beratung: Susanne MautzGestalterische Beratung: Claude Stockinger


Theaterkumpanei (Ludwigshafen) - Zaadgaah - Heimat im Kopf

„Zaadgaah - Heimat im Kopf“ untersucht den Weg iranischer MigrantInnen von Marvdascht im Süden Irans nach Ludwigshafen. Seit sechs Jahren arbeitet die Ludwigshafener Theaterkumpanei mit iranischen Theatermacher/innen bereits gemeinsam an Projekten. Für Schwindelfrei haben sie sich auf die Suche nach iranischen Flüchtlingen in Ludwigshafen gemacht, sie interviewt und sich anschließend mit der Kamera auf Spurensuche nach den erinnerten Orten im Iran begeben. Die Interviewtexte werden zu einem Monolog verdichtet und in einer theatralen Installation mit dokumentarischen Bildern und Musik gezeigt. Was passiert mit dem Ich auf dem Weg durch geografische und kulturelle Räume? Was bleibt, was will bewahrt sein, was wird abgeschüttelt, überschrieben, korrigiert?

Die Theaterkumpanei arbeitet seit 1989 als professionelles freies Theater der Region Ludwigshafen. Das Ensemble entwickelt unter dem Namen KiTZ international preisgekrönte Theaterproduktionen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

Regie: Peer Damminger
Fotografie: Dominic Jan Geis
Text: Bita Samimizad
Research: Pali Pirouzi


Zoukak Theatre Company (Beirut) - Death Comes Trough The Eyes

In dieser Performance werden die Themen Tod, der Wert des Lebens und gleichzeitig neue Formen der Suche nach Unsterblichkeit verhandelt. Maya Zbib und Chrystèle Khodr untersuchen neue Paradigmen des Umgangs mit dem Tod im Nahen Osten: In Zeiten, in denen einerseits Massentode von den Medien banalisiert werden, ist andererseits eine Glorifizierung einzelner Toter zu beobachten: Facebookprofile von Verstorbenen werden weiter aufrechtgehalten, der Tote geht in die digitale Unsterblichkeit ein. Wir sehen diese Facebookbook-Profile durch die Screens unserer Handys und Computer an. Und nicht nur das – jeder Blick auf unser Smartphone oder den Laptop allein ist bereits eng mit dem Thema Tod verknüpft. Diese Geräte wurden mit dem Rohstoff Coltan gefertigt werden, dessen Abbau in der Republik Kongo wiederum zu Massentoden führt. Der Tod kommt durch die Augen. Maya Zbib und Chrystèle Khodr werden mit dem Publikum die heutige Dialektik des Todes und der Unsterblichkeit durchspielen. Dabei wenden sie sich auch allgemeinen Sinnfragen zu, wie beispielsweise der, welche Rolle wir selbst heute als Mensch, als Bürger, als Künstler spielen.

Maya Zbib und Omar Abi Azar sind Perfomer, Regisseure und Gründungsmitglieder der Beiruter Kompanie Zoukak. Ihre Stücke und öffentlichen Interventionen beschäftigen sich mit marginalisierten Gruppen, touren international und wurden u.a. bereits in Avignon und beim London International Festival gezeigt.

Konzept: Maya Zbib & Omar Abi Azar
Regie: Maya Zbib
Performance: Maya Zbib & Chrystèle Khodr
Technik: Kevin Rigby